Ratingen - St. Peter und Paul - 2015

Ratingen ist als Ort lebendiger Kirchenmusik jedem Musikfreund in der Region rund um Düsseldorf ein fester Begriff. Und ebenso fest ist die Verbindung zwischen den 'Orgelwelten Ratingen' und ihrem Spiritus Rector Ansgar Wallenhorst.

 

Die Hauptorgel in St. Peter und Paul wurde in ihrem auch heute noch bestehenden Kern 1953 auf elektropneumatischen Kegelladen erbaut und ist gewissermaßen das Kind einer Übergangszeit zwischen der nach dem zweiten Weltkrieg "so richtig in Fahrt kommenden Orgelbewegung" einerseits und der technisch-handwerklich immer noch bestehenden Verortung in der Spätromantik andererseits. Das heißt, man huldigt in der Disposition bereits dem Neobarock, setzt dieses aber immer noch mit den Mitteln der Epoche um, die man eigentlich überwinden möchte. Dazu muss man allerdings sagen, dass unser Blick durch die "Brille der historischen Aufführungspraxis" auf diese Maßnahme ein Zerrbild liefert, ist den 1950er Jahren doch unsere retrospektive Sichtweise auf den Orgelbau eben nicht zu eigen - man fühlt sich auf dem Weg des Fortschritts!

 

Die Orgel teilt das Los typischer Stadtkircheninstrumente die (glücklicherweise) im Fokus lebendigen Musizierens stehen und wird immer wieder dem entsprechend aktuellen Geschmack weiterentwickelt.

 

Einen ersten größeren Eingriff führt in den 1970er Jahren die niederländische Firma 'Verschueren Orgelbouw' durch. Offensichtlich mit dem Ziel die Orgel klanglich mehr in "Richtung Barock" zu trimmen, zumindest zeugen davon die Veränderungen im Diskantbereich der Prinzipale. Die recht weit mensurierten und eher voluminös erdig intonierten Seifertschen Pfeifen werden durch engere ersetzt, die auch keine Expressionen mehr aufweisen.

 

Die zweite große Umbauphase findet 1998 statt. Das geschmackliche Pendel ist im Bereich der Orgelmusik inzwischen zurück geschwungen und man lernt die Klanglichkeit der Romantik in der Orgelwelt wieder zu schätzen. Genau in diesem Geist führte die Firma 'Siegfried Sauer' aus Höxter ihre damaligen Arbeiten aus und tilgte einerseits einige typisch "neobarocke Spitzen" und ergänzte andererseits etwas mehr "Fundament und Gefühl" im Bereich der Grundstimmen. Der Umfang der Arbeiten ist auf der Seite der Orgelwelten Ratingen eingehend dargestellt.

 

Im Jahr 2006 beginnen die Arbeiten an der Orgel, die im Zusammenhang mit den jüngsten Maßnahmen gesehen werden müssen, stellen sie doch konzeptionell im wesentlichen eine Einheit dar. War und ist es das Ziel den Seifertschen Kern des Instruments zu erhalten, bzw. wiederherzustellen, wurde die Orgel um verschiedene klangliche Module auf Einzeltonsteuerung erweitert, um sie stilistisch breiter aufzustellen. All das ist nur denkbar im Zusammenhang mit einer Digitalisierung der Tontraktur, die hier prototypisch durch die Firma SINUA durchgeführt wurde. Blieb der Spieltisch von 1953 in seiner Funktionalität auf der Empore original erhalten, so lassen sich doch alle technischen und klanglichen Möglichkeiten erst vom 2012 neu gebauten Zentralspieltisch im Chorraum umsetzen.


Disposition der Emporenorgel seit 2015

I. Hauptwerk C - g'''
Bordun (1953: Quintadena) 16'
Principal 8'
Gemshorn 8'
Offenflöte 8'
Weitoktave 4'
Großterz (1953: Rohrflöte 4')  3 1/5'
Schwiegel 2'
Rauschpfeife 2fach 2 2 /3'
Mixtur 4-5fach 1 1/3'
Kupfertrompete 8'
Hohe Trompete 4'
   
   
II. Rückpositiv C - g'''
Rohrflöte 8'
Principal 4'
Nachthorn 4'
Nasat 2 2/3'
Kleinprincipal 2'
Terz (1953: Terzian 2fach) 1 3/5'
Quinte (1953: Oktavzimbel 3fach) 1 1/3'
Clarinette (1953: Krummhorn 8') 8'
Tremolo  
   
   
Solowerk - frei ankoppelbar (2006) C -g'''
im eigenen Schwellgehäuse:  
Stentorphon 16'
Stentorphon 8'
Tuba magna 16'
Tuba magna 8'
hochgebänkt im Hauptwerk:  
Cornet 5fach 8'
   
Cymbelstern  
sämtliche Normal- und Querkoppeln  
III. Schwellwerk C - g4
Quintade C-H (aus alter Quintad. HW)  16'
Principal 8'
Lieblich Gedackt 8'
Viola (1953: Violflöte) 8'
Vox coelestis (1953: Quinte 1 1/3') 8'
Hornprincipal 4'
Traversflöte (1953: Gedackt 4') 4'
Blockflöte 2'
Scharf 3-4fach 1'
Trompette harm. (1953: Dulcian 16') 8'
Schalmei 8'
Tremolo  
   
Pedal C - g'
Principalbaß 16'
Subbaß 16'
Quinte (1998 hinzugefügt) 10 2/3'
Octavbaß 8'
Baßflöte 8'
Choralbaß 4'
Octave 2'
Posaune 16'
Baßtrompete 8'
Choraltrompete 4'
   
Chamadewerk - frei ankoppelbar (2006) C - g'''
Tuba pontificale 8'
Tuba pontificale 4'
   
Vox-Winni-Werk - frei ankoppelbar (2015) C - g'''
im eigenen Schwellgehäuse:  
Vox Winni 16'
Vox Winni 8'

Die 2015 durchgeführten Arbeiten an der Emporenorgel

Die Anfang des Jahres 2015 begonnen und sich bis in den Sommer hinziehenden Arbeiten umfassten eine ganze Zahl Maßnahmen, die zum einen dem üblichen Substanzerhalt dienten und zum anderen Dank einer großzügigen Spende zur erneuten Erweiterung der Orgelanlage führten.

Neben der fälligen Ausreinigung wurden sämtliche Hebembranen der Tontraktur erneuert und nötige verschleißbedingte Ausbesserungsarbeiten vorgenommen.

Großes Gewicht wurde den klanglichen Arbeiten am Instrument gegeben, die dementprechend die meiste Zeit in Anspruch nahmen.

  • Nachintonation des gesamten Pfeifenwerks
  • Ausbau der Superkoppel im Schwellwerk bis g4 auf eigener Zusatzlade
  • Rückführung der durch Verschueren geänderten Principalmensuren auf den Originalzustand
  • Einbau der Vox Winni als Kopie der Vox humana aus der Marienorgel Kevelaer, erweitert um eine 16'-Lage

Das 2015 neu erbaute Begleitwerk

Schon längere Zeit bestand in Ratingen der Wunsch im Chorraum ein Instrument zur Verfügung zu haben, das einerseits die Fähigkeit besitzt, dort musizierende Chor- und Instrumentalgruppen zu begleiten und andererseits in Kontext der gesamten Orgelanlage einbezogen werden kann.

Das Instrument steht mit allen Stimmen im Schwellkasten, der für den Kirchenbesucher unsichtbar hinter dem zentralen Hochaltar zur Aufstellung kam. Durch den Einsatz einer Einzeltonlade und den Ausbau aller Reihen bis g4 ergeben sich in Zusammenhang mit der innovativen Technik des SINUA-Systems Möglichkeiten in einem Umfang, den die sparsame Disposition auf den ersten Blick nicht erahnen lässt.

Disposition des Begleitwerks

Flauto ratingensis 8'
Seraphongedackt  8'
Viola da Gamba 8'
Vox angelica 8'
Flageolett 2'
Fagott-Oboe 8'
Bassklarinette 16'
Klarinette 8'

Technische Fakten in Stichworten:

  • Tonumfang C bis g4
  • Einzeltonansteuerung, d.h. jede Pfeife lässt sich über eine Matrix unabhängig anspielen
  • gesamtes Pfeifenwerk im Schwellkasten
  • Variabler Winddruck 0 bis 120 mmWS
  • Windschweller für Bassklarinette und Klarinette
  • Tremolo

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